Und Heute

Ein erwerbsloser Idealist verfällt in Abwesenheit, kommt auf dem Arbeitsamt wieder zu sich und stattet den Raum seiner geschenkten Existenz mit illusionistischen Wandmalereien aus. Um anschliessend sein Werk zu überblicken, baut er sich einen Hochstand, von dem aus als perspektivisches Zentrum des Raumes ein Knick im Horizont erscheint. Dieser Knick ist die Bildmitte, auf die der Diener seiner selbst nach dem Motto l’état c’est moi zufliegen möchte. Die Bildmitte als Knick ist aber auch das Merkmal einer Simulation, die den Horizont nur in Gedanken zum Kreis geschlossen zeigt. Wenn der Knick als Modell der Wirklichkeit gilt und der Kreis als das Modell der Flucht aus dieser Wirklichkeit, dann bildet die unerreichbare Grenze des Innenraumes das Nein des Idealisten zum Modell, und nicht zur Wirklichkeit.

Wo der naive Betrachter zurückbleibt und nicht mehr weiterkommt, weil auch er eigentlich fliegen möchte, muß er versuchen, wenigstens zu springen. Und er erkennt jetzt, stellvertretend für einen Gedankensprung über den Horizont hinaus, vier weisse Hasen auf einem zweiten Hochstand. Möglicherweise hat eine Verwandlung stattgefunden, doch die Pole, zwischen denen sie sich ereignet haben muss, bleiben Variable, genannt x und y. Jeder unbeteiligte Passant kann für sie einsetzen, was er will. Jeder weitere Schritt nach dem Einsatz gilt als Beschwerung eines vorangegangenen Schrittes im Treibsand möglicher Geschichte.

Solange allerdings für diese mögliche Geschichte ein gemeinsamer, idealerweise zentraler Fluchtpunkt existiert, sollten sich Streitereien über deren tatsächlichen Verlauf vermeiden lassen, –als Trost dafür, dass die Leinwand, der Bildschirm, oder das Mauerwerk, auf dem sich der schöne Schein entfaltet, undurchdringlich ist. Der Horizont, der eine beliebig versetzbare Vertikale im Fadenkreuz der zentralistischen Konstruktion durchschneidet, bleibt trotz seiner angeblichen Faltbarkeit rund.


Texte ohne Verben, Köln 2002, S. 142