*Das Mohnfeld unterwandert die Markierung ERROR*

Die vierteilige Arbeit kann in 17 unterschiedlichen Varianten zusammengesetzt werden (sieben zweiteiligen, sechs dreiteiligen, vier vierteiligen). Ausgangspunkt der Teilbarkeit/Versetzbarkeit des Bildes ist die Unterscheidung zweier parallel zueinander stehender Wandflächen in der Fuge zwischen den ersten zwei Bildteilen. Da sich der gemeinsame Fluchtpunkt genau auf dem Spalt befindet, kann da, wo sich die Wände voneinander abheben, keine Verkürzung erkennbar sein. Die horizontalen Fugen der Wandverkleidung stoßen in der vertikalen Fuge zwischen den Bildern so versetzt aufeinander, dass der Anschein entsteht, es handle sich um ein zusammenhängendes Bauelement, bei dessen Darstellung lediglich ein Zwischenstück fehlt. Nur das verkehrt aufgestellte Boot führt tatsächlich von einer Bildhälfte zur anderen und ist damit auch wirklich/technisch – wie die ganze Bildfläche – geteilt. Durch seine Teilbarkeit bildet es das einzige Verbindungsglied zu Teil 3: Der Blick durch den Spalt führt hier in einen Raum, der sich entweder zwischen den Täfelungen, Wandebenen und Bildflächen befindet oder aber dahinter. Sowohl das gekippte Boot als auch der Fluchtpunkt haben sich verdoppelt. Die Trennungslinie zwischen den Bildteilen wird in Teil 2 ein Abwassergraben, der noch vor der geschlossenen Wand liegt, und in Teil 4 eine Schlucht, die das gesamte Festland teilt: Der frei werdende Horizont als die einzige Waagerechte von Bedeutung gibt jetzt jenem Rahmen seine Breite, der die links und rechts abbrechende Architektur um eine Szenerie schließt, die sich als Loop durch Kopien aller Bildteile ins Unendliche fortsetzen ließe. Indem linke und rechte Seite (Teil 1 und 2) der ursprünglichen Wandfläche austauschbar werden, da sich die unterscheidbaren Wände auf verschiedenen Landesteilen befinden, spaltet sich die erste missverständliche Fuge zuletzt in die zwei Außenkanten eines willkürlich begrenzten Panoramas auf. Die Frage aber, ob sich dergleichen zuletzt oder nicht zuletzt ereignet, bleibt offen.
     Damit der Mohnanbau von den Unterwanderern des Drogenmarktes unentdeckt bleibt, tarnt sich das junge Bauernpaar und führt ablenkende Handlungen aus: Es schüttet Wein auf die erodierten Böden, es kühlt sich an der Sonne und sonnt sich unter provisorischen Dächern. Während der Mann in Kleidern unter der Dusche steht, hängt seine schwebende Braut dieselben Kleider schon an die Wäscheleine: Während Wassertropfen sich in Sandkörner verwandeln, legt die unmögliche Gleichzeitigkeit gegen den Strich die Vermutung nahe, dass der entscheidende Moment des Sich-Ausziehens übersprungen wurde. Er wurde dazu benutzt, das Mohnfeld in der jeweils maximal umstrittenen Grenzregion zu platzieren, sodass es zur Drogengewinnung nur deshalb erhalten bleibt, weil größere Verwicklungen – z. B. Kriege unter Nachbarstaaten – vermieden werden sollen. Sobald sich die Grenzverläufe aber klären lassen und die streitenden Parteien sich auf eine gemeinsame Bekämpfung des Übels einigen, wird das Feld in eine andere Region verlegt, und die Geschichte beginnt von Neuem.


Halkyonische Tage, Köln 2013, S. 383